Macht das Tierheim seinen Job nicht richtig?

Aufrufe: 1642

Last Update am 6. Mai: acht Tage ist es nun her, dass wir den Tierheimvorsitzenden Claus Krah um eine vermittelne Stellungnahme gebeten haben. Vier mal haben wir ihn telefonisch kontaktiert, immer wieder die gleiche Antwort: “Ich melde mich morgen bei Ihnen. Ich bin von alter Schule.” Langsam geben wir die Hoffnung auf, dass diese Geschichte noch ein gutes Ende finden wird. Unterm Strich halten wir fest: Tierschutz geht anders.

Am Tag der #Pressefreiheit schreibt hier eine hundeerfahrene Familie. Dieser Post ist eine Geschichte, die nicht nur unserer Familie immer noch Schnappatmung verursacht, sondern auch all denen, denen wir sie bisher erzählt haben. Es geht um um eine Geschichte, die, wenn man sie nicht selber erlebt hat, kaum glauben möchte. Das Tierheim Remagen, gegründet 1954, ca. 400 Mitglieder, verweigert der ca. 7-jährigen Jack Russel-Mix Dame Benji den Einzug in unsere Famile. Die Tierheimleiterin Madeleine v. Falkenburg begründet das mit den Worten:

Bei Ihnen habe ich ganz schlechtes Bauchgefühl.” “Warum?” “Das kann ich Ihnen nicht einmal sagen.”

Benji, ca. 7 Jahre, Jack-Russel-Mix

Nach fünf Tagen intensiver Gassirunden mit Benji, einer emotionalen Bindung, die sich vorallem zwischen ihr und unserer vierjahrigen Tochter aufgebaut hat, ist das wie ein Schlag ins Gesicht. Doch was war alles passiert? Jetzt mal von vorne, in möglichster Kürze.

“Baba, was ist ein Tierheim?”

Am Ostersonntag fahren wir ins Tierheim Remagen, um unserer Tochter die Frage zu beantworten, was denn wohl ein Tierheim sein mag. Leider zu spät. 17 Uhr. Das Tierheim hat schon geschlossen. Einen Tag später kommen wir rechtzeitig und lernen Benji kennen. Ein freundlicher Hund. Schwuppsdiwuppps das Gassigänger-Formular ausgefüllt und Abmarsch.

Fünf schöne Ausflüge hatten wir mit Benji. Nun soll sie doch im Tierheim bleiben 🙁

Nach ca. einer Stunde kehren wir ins Heim zurück. Benji hat sich super verhalten: geht gut an der Leine, hört aufs Wort. Sitz! Platz! Funktioniert. Alles bestens. Jetzt werden wir neugierig, stellen erste Fragen. Wie alt ist denn der Hund, ist er gesund, wir war sein Vorleben? Was gibt es über das Tier zu erzählen?

Die Antworten von den verschiedenen Mitarbeitern des Tierheimes waren verwirrend. “Benji ist 10.” “Nein“, sagt der andere, “sie ist fünf.” Daraufhin eine weitere Mitarbeiterin: “Nee, ich glaube 7.” Ja, was denn nun? Egal. Das Alter spielt für uns eh keine Rolle.

Als wir konkretes Interesse an dem Tier bekundeten, hieß es, an Benji seien schon mehrere Interessenten dran. Daraufhin entgegneten wir, dass wir dann unser Interesse zurückzögen, weil wir verhindern wollen, dass unser Kind eine emotionale Bindung zum Tier aufbaut. “Da macht es doch keinen Sinn für uns”, sagte ich der Mitarbeiterin. Schneller als der Blitz verschwand sie ins Büro, brachte eine Selbstauskunft mit und meinte, Benjis Interessenten für heute wären nicht gekommen und hätten nicht abgesagt, ob wohl sie mt ihr einen Gassi-Termin hatten. “Die sind jetzt raus”, grinste sie. “Wenn Sie wollen, füllen Sie diesen Zettel aus.” Wir haben ihn dann mal mitgenommen. “Sie müssen aber schon noch ein paar mal mit Benji Gassigehen, Sie können Sie nicht gleich mitnehmen.” Davon war auch nie die Rede. Anyway…

Es folgen vier weitere Tage, an denen wir Benji besuchen und mit ihr auf den Feldern Gassi gehen. Die Bindung zwischen Hund und Tochter wird immer intensiver. Es zerreist uns das Herz, wenn wir die beiden zusammen beobachten. Fast wie in einem Lassie-Film.

Wir stellen den Tierheim-Mitarbeitern weitere Fragen. Zum Beispiel, ob der Hund kastriert oder sterilisiert ist? Ob das Tier auf rassetypische Erkrankungen untersucht wurde wie beispielsweise Hornhautablöung am Auge etc.pp. “Sie ist sterilisiert”, sagt die eine Mitarbeiterin, die andere am nächten Tag: “Sie wird noch kastriert.” Wieder keine konkreten Antworten. Das einzige, was man über den Hund wisse, sei, dass er mit zirka zwei Jahren trächtig im Heim abgegeben wurde, geworfen habe und dann vom Besitzer wieder abgeholt wurde. Wie bitte? Und dieser Besitzer hat Benji jetzt wieder abgegeben, weil er psychisch erkrankt ist und sich um das Tier nicht mehr kümmern kann? Uns ist es egal wie alt Benji ist. Sie ist ein toller Hund und passt super in unsere kleine Familie. Für uns steht fest, dass wir ihr eine neue Zukunft schenken möchten.

Auf einem naheliegenden Agility-Platz, der eingezäunt ist, lassen wir Benji von der Leine. Sie hört aufs Wort und hat mit uns ihren Spaß. Dies berichten wir dem Tierheim, das dann aus allen Wolken fällt: “Was Sie haben den Hund von der Leine gelassen?” “Ja, auf Ihrem Hundeplatz um die Ecke – eingezäunt.” Dass dieser Platz nun nicht zum Tierheim gehörte, war uns nicht klar. Ich recherchierte sofort die Besitzerin dieses Platzes und vereinbarte einen Termin mit ihr, an dem wir mit ihrer Begleitung nochmal auf den Platz dürften.

Letzten Sonntag hatten wir dann unseren fünften Besuch bei Benji und konnten nun endlich mit der Tierheimleiterin sprechen. Ja, wir haben genug Zeit, um uns um das Tier zu kümmern. Ja, wir wohnen im Grünen. Ja, wenn es hart auf hart kommt, kann ich den Hund auch mal mit ins Büro nehmen. Ja, wir sind hundeerfahren. Ja, wir haben eine große Wohnung, dem Tier fehle es an nichts. Also verabreden wir uns telefonisch für den nächsten Tag, an dem sich herausstellen würde, ob Benji am Dienstag kastriert würde und wenn nicht, könnten wir sie probeweise mal über den Feiertag mit nachhause nehmen. “Aber, Sie dürfen den Hund dann nicht von der Leine lassen.” Klar.

Am nächsten Tag dann das, womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten. Frau von Falkenburg druckst in der Telefonleitung herum: “Ich sage es Ihnen geradeaus. “Bei Ihnen habe ich ganz schlechtes Bauchgefühl.” “Warum?, frage ich zurück.” “Das kann ich Ihnen nicht einmal sagen.” Mit innerlicher Schnappatmung beende ich das Telefonat. Ich bin außer mir. Daraufhin kontaktiert meine Frau die Tierheimleiterin. Jetzt heißt es: “Nein, ihr Mann scheint unbelehrbar zu sein, diesen Eindruck haben alle Mitarbeiter.” An Belehrungen können wir uns aber nicht erinnern. Komisch. Vielleicht mißfiel es den Mitarbeitern, dass wir Benji auf einer eingezäunten Wiese abgeleint haben oder, dass wir nach Standarduntersuchungen fragten? Auf die Frage, warum uns jeder Mitarbeiter etwas anderes über die Hündin berichtet, ernten wir nur leer Blicke von ihr. “Wenn Sie den Hund dann mit nachhause nähmen, dann aber bitte nicht ablehnen.” Klar.

Ein Hoch auf den Tierschutz

Also wenden wir uns nun an den Vorsitzenden des Tierheimes, an Claus Krah (CDU), der 2017 den Publikumspreis des Ehrenamtspreises gewonnen hat und nun für das Ortsvorsteheramt in Remagen am 29. Mai 2019 kanidiert. Hier können Sie bei Facebook nachlesen, warum dieser Mann für das Tierheim so wichtig ist.

Claus Krah, Vorsitzender des Tierheimes Remagen.

Ich erwische Claus Krah montags Morgen am Handy und erzähle ihm, was passiert war: “Interessant, den Tierheimnalltag auch mal aus einer anderen Perspektive geschildert zu bekommen”, entgegnet er selbstbewußt. Er könne unseren Unmut verstehen und wolle sich umgehend bei seinen Mitarbeitern mal umhören, schließlich “habe die Wurst ja auch immer zwei Enden. Ich melde mich im Laufe des Tages wieder bei Ihnen.” Ein Mann, ein Wort? 10 Stunden später immer noch kein Feedback. Nachfrage per WhatsApp. Antwort:

“Hallo Herr Barschow, ich habe Dienst. Bei uns wird/wurde der Maibaum aufgestellt. Ja, ne riesen Party. Melde mich morgen.” (20.12 Uhr)

Einen Tag später um 15.07 Uhr schicke ich Claus Krah ein paar Bilder aus unserer Umgebung, in der wir leben, damit er sich überzeugen kann, dass es Benji bei uns sehr gut haben wird – verbunden mit der Bitte, sich – wie versprochen – schnell zu melden, weil unsere Tochter immer wieder nach Benji fragt und mittlerweile auch nicht mehr bereit ist, sich andere Hunde anzuschauen. Lesestatus: gelesen um 15.16 Uhr. Keine Antwort. Zwei Tage lang.

Heute schreibe ich ihn nochmal an, dass wir uns über ein Feedback freuen würden (9.14 Uhr). Lesestatus: gelesen um 9.31 Uhr. Keine Antwort.

Plötzlich ist Benji vergeben?

Und um ca. 10 Uhr finden wir diesen Hinweis auf der Homepage des Tierheimes. Benji hat (plötzlich) Interessenten. Sind wir etwa damit gemeint oder hat man jetzt schnell gehandelt, um das “Problem” aus der Welt zu schaffen? Wenn wir damit gemeint wären, dann hätte man sich doch bei uns melden können, oder?

Wer so eine Geschichte noch nicht selber erlebt hat, fragt sich vielleicht, ob es nicht wichtigere Geschichten auf diesem Planeten gibt. Ja, die gibt es. Aber diese ist auf allen Ebenen emotional und hält unsere Familie auf Trapp. Wer den Tierschutz ernst nimmt, muss auch danach handeln. Es spricht definitiv nichts dagegen, dass Benji bei uns einzieht. Sie würde es bei uns sehr gut haben. Ein komisches Bauchgefühl ist kein transparenter Grund, uns den Hund nicht zu überlassen.

Gerade eben habe ich Claus Krah nochmal angerufen (11.50 Uhr). Mit unsicherer Stimme gab er an, noch keine Gespräche mit der Tierheimleitung geführt zu haben. Er habe so viele Dinge um die Ohren und das sei ja auch nur “Ehrenamtsarbeit” (“Ich bitte um Verständnis.”). Morgen will er sich nun endgültig bei uns melden. Denn angeblich erst heute könne er mit der Leitung sprechen. Aha. Wir sind gespannt. Drückt uns bitte die Daumen. Danke.

Als wir vorgestern einen anderen Hund besuchen wollten, fragte mich meine Tochter: “Baba, wo fahren wir hin?” Nach Köln mein Schatz, einen Hund anschauen.” “Aber Baba, wir brauchen doch keinen Hund mehr. Wir haben doch jetzt Benji.”

Liebe Frau von Falkenburg, wenn Sie das hier gelesen haben sollten, bekommen Sie bestimmt wieder Ihr komisches Bauchgefühl? Richtig? Mit dieser Veröffentlichung wollen wir Ihnen zeigen wie ernst es uns mit Benji ist. Sie haben keinerlei Ahnung wie gut es Benji bei uns gehen könnte. Wenn Sie Tierschutz ernst nehmen, da seien Sie dankbar, dass es Menschen gibt wie uns, die es ehrlich mit den Tieren meinen. Wenn Sie Ihr Vorsitzender Claus Krah auch nicht umstimmen kann, dann müssen wir diese Entscheidung eben hinnehmen. Dann halten wir am Ende des Tages fest, dass Sie ihren verdammt wichtigen Job nicht richtig machen.

Dennoch mit freundlichen Grüßen,

Ihre Familie Barschow

Update 5. Mai: Natürlich hat sich Herr Claus Krah gestern nicht – wie versprochen – gemeldet. Das ist jetzt das 4. mal…



Tierheim Remagen in der Presse:

Bilanz des Jahres 2014: Pauschalen der Kommunen reichen nicht aus. 50.000 EUR/Jahr Tierarztkosten

“Wir haben keine Tiere illegal vermittelt.”

Klamme Kasse im Tierheim

“Es fehlt an Unterstützern fürs Tierheim”



Archive

Kategorien

Meta

Verfasst von:

2 Kommentare

  1. 10. Januar 2023

    Hallo, Herr Barschow,
    Bin gerade durch Zufall auf diesen Post gestoßen, von dem ich gar nicht weiß, aus welchem Jahr er stammt. Ich habe die Geschichte mit Interesse gelesen und kann Ihnen nur sagen, dass es in anderen tierheimen auch nicht besser zugeht. Ich selbst arbeite als Ehrenamtler in einem Tierheim, und was ich dort schon für Geschichten erlebt habe, würde auch einen Roman füllen. Man könnte manchmal den Eindruck bekommen, dass bestimmte Leute (leider sind es hier zu 99% Damen) ihre soziale Inkompetenz durch den Einsatz für Tiere kompensieren. Dies nur zur Info, damit sie nicht meinen, dass sie der einzige Betroffene eines solchen Verhaltens sind.

    Beste Grüße
    Michael Koch

  2. Boris Barschow
    22. Februar 2023

    Danke für Ihren Kommentar.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert